Zwangsstörungen

Die meisten Menschen haben schon einmal Gedanken bei sich wahrgenommen, über die sie sich erschreckt haben. Oft sind das Gedanken mit aggressivem oder sexuellem Inhalt. In der Regel geben wir diesen Gedanken dann aber nicht zu viel Aufmerksamkeit, und bewerten es als das was es tatsächlich ist – nämlich einfach nur ein Gedanke der dann meist auch wieder verschwindet.

Besonders bei Menschen mit übertrieben moralischem Anspruch kann es aber sein, dass sie diesen Gedanken als bedrohlich erleben. So als hätte der aggressive oder sexuelle Gedanke die Macht unser Verhalten zu steuern. Hier beginnt dann meist ein verhängnisvoller Teufelskreis: Es wird versucht diese Gedanken zu verhindern und zu unterdrücken also „den Gedanken nicht zu denken“. Je mehr wir das versuchen und uns gleichzeitig kontrollieren, ob diese Gedanken auch wirklich nicht da sind, desto stärker und präsenter werden sie natürlich. Dieser Prozess ist meist mit Leiden, Scham und Schuld verbunden und schränkt die Lebensqualität oft massiv ein.

In der Therapie ist oft ein erster Schritt, die Inhalten der Zwangsgedanken auszusprechen, weil da meist sehr viel Scham damit verbunden ist. Therapieziel ist es dann, den Gedanken die Bedrohlichkeit zu nehmen und nicht mehr gegen sie anzukämpfen. Es geht darum,  MIT den Gedanken sich wieder einem Leben zuzuwenden, das uns wertvoll und richtig erscheint.

Mit Zwangsgedanken stehen dann auch oft sogenannte Zwangshandlungen im Zusammenhang. Das sind meist Kontrollzwänge (z.B. unzähliges Überprüfen des Herdes), Reinigungszwänge (z.B. exzessives Händewaschen) oder zwanghaftes Grübeln (z.B. durch endlose Argumentationsketten sich beweisen, dass man keine gewalttätigen Phantasien hat). Das passiert oft im Rahmen von zeitaufwendigen Ritualen, die dann auch die Zeit für andere Aktivitäten einschränken.

Die Betroffenen haben es sich dann manchmal auch schon so in ihrer Zwangswelt „eingerichtet“, dass es ein erstes Therapieziel sein kann, Vorstellungen von einem anderen Leben hervorzuholen, im Sinne von „Was würde ich überhaupt machen, wenn ich den Zwang nicht mehr hätte?“.

Ein wichtiger Bestandteil bei der Therapie von Zwangshandlungen ist die Konfrontation mit zwangsauslösenden Situationen. Dabei soll der Zeitaufwand für die Zwangshandlungen schrittweise reduzieren werden (z.B. nur mehr dreimal den Herd überprüfen). Damit verbunden ist natürlich das Erlernen eines Umgangs mit Anspannungen und Unsicherheiten, die bei Reduzierung der Zwangshandlungen auftreten werden.